Handysucht

Warum dein Handy dich unglücklich macht

Oder: wir sind alle Dopamin-Junkies!

Ganz ehrlich: bist du auch schon mal darüber geschockt gewesen, wenn dir am Montagmorgen vom Handy die durchschnittliche Bildschirmzeit pro Tag angezeigt wird? Hast du dich vielleicht schonmal gefragt, ob da eine Handysucht im Gange ist?

Die Statistiken variieren, je nach Alter der Nutzer und Quelle der Statistik, aber wir bewegen uns im Bereich zwischen 3 und 5 Stunden pro Tag am Smartphone. Ungefähr 80 – 90 mal am Tag greifen wir zum Handy, d.h. alle 18 Minuten unterbrechen wir eine Tätigkeit.

Wie konnte es soweit kommen, dass wir so fixiert auf unsere phones sind?

Schuld ist das Belohnungshormon Dopamin und unsere heutige Gesellschaft. Wir sind besessen von sofortiger Befriedigung unserer Bedürfnisse. Mal schnell eine neue Handyhülle bei Amazon bestellt, einen Schokoriegel gefuttert, Netflix bingewatching, reels oder tictoc scrollen, einen Burger beim Ladestopp gegessen, Zucker, Porno, Alkohol, Drogen… alles „Annehmlichkeiten“ unseres Lebens, die unser Hirn, gelinde gesagt, frittieren! Jede dieser genannten Tätigkeiten und Ablenkungen bringt unseren Körper dazu das Glückshormon Dopamin auszuschütten. 

Ich stelle also mal ganz frech, die Behauptung auf, wir sind alle abhängig von Dopamin, und zwar in erschreckend hohen Dosierungen. 

An sich hat Dopamin eine überlebensnotwendige Funktion, denn es wird ausgeschüttet, wenn wir Dinge tun, die unser Überleben sicherstellen. Normalerweise wird Dopamin in den Blutkreislauf gepumpt, wenn wir etwas gutes, oder aufregendes erleben, oder wenn wir eine Aufgabe gemeistert haben, ein Ziel erreicht haben. Auch beim Sex oder beim Essen wird Dopamin freigegeben. Auch bei Treffen mit Freunden und bei Umarmungen wird dieser wichtige Botenstoff aktiviert. Es steigert unsere Motivation uns im Leben zu bewegen. 

Dopamin hat weitreichende Wirkungen im Blut und auch in den Nervenbahnen. Der Neurotransmitter beeinflusst deinen Antrieb Dinge zu tun, deine Lebensfreude, aber auch Konzentration und Beweglichkeit.

Das Problem ist, dass Dopamin relativ schnell vom Körper abgebaut wird. Ist der Reiz, der zur Ausschüttung des Hormons beigetragen hat verebbt, fallen wir in eine Art Mini-Depression. Ausserdem entwickeln wir aufgrund der permanenten Reizüberflutung durch social media, Shopping Zentren, Konsum-Überangeboten, einen Art Dopamintoleranz. Wir wollen immer mehr davon. Der Teufelskreis ist in vollem Gang und wird durch die Wiederholung gestärkt. 

Wenn wir tatsächlich mal zur Ruhe kommen, fühlen wir unsere Bedürfnisse als unbefriedigt. …fühlen uns gelangweilt, vielleicht wütend oder traurig. 

Also greifen wir wieder zum Smartphone. Schon der Blick auf das Handy aktiviert das Dopamin. Wirklich gemein ist, dass die App-Entwickler besagte hormonelle Vorgänge kennen und extra süchtig machende Elemente in den Apps und Games platzieren. Knallbunte Farben, sich bewegende Elemente und Belohnungspunkte sind das was uns wieder und wieder anzieht. 

Die timeline auf Facebook, Instagram oder tictoc hat kein Ende. Weil wir Menschen eigentlich gerne Dinge fertig stellen (wie z.B. ein Buch fertig lesen oder den Teller leer essen) können wir nicht aufhören zu scrollen. Jeder neue Post pusht Dopamin in dein System. Jedes kleine „like“, jeder retweet, jeder Kommentar aktiviert noch mehr Dopamin. Du befindest dich in einem richtig schönen Dopamin-Rausch! 

Wenn du es dann tatsächlich schaffst, das Handy abzulegen, brauchst du erstmal ein Stück Schokolade oder schaust ein bisschen bei Zalando rein. Ta daaa! Die Suchtspirale! Shopping und Zucker aktivieren wieder die Dopaminausschüttung.

Wenn du unter Aufschieberitis (Prokrastination) leidest, kann das vom „Dopamin-Kater“ ausgelöst sein. Schlechte Stimmung, Konzentrationsstörungen, Müdigkeit und Leistungsabfall sind weitere Symptome, die dich nach einem „scrolling-Marathon“ plagen können. 

Wie können wir uns von der Überstimulation des 21. Jahrhunderts lösen? Wie können wir mal einen Gang runter schalten? Vor allem, wie können wir wieder zu einem normalen Dopamin-Niveau finden?

Die Hauptaufgabe ist, vom Suchtkreislauf „Dopamin-Rausch / Dopamin-Kater“ wegzukommen.

Der Dopamin-Kater raubt einfach zu viel Lebenskraft, macht dich unglücklich, unproduktiv und letzten Endes gar depressiv.

Zuerst gilt es, dass wir uns unser Verhalten selber bewusst machen. Also, wenn du zum phone greifst, kannst du dir die Frage stellen: Stopp! Was mache ich jetzt? Welche Aufgabe will ich erledigen, oder will ich ein unangenehmes Gefühl verdrängen? 

Was sind die Anzeichen einer Handy-Sucht?

    • deine sozialen Kontakte – im echten Leben – leiden unter deine Handynutzung

    • Deine Handynutzung steht unter Kritik von Familie, Freunden und Kollegen

    • Das Smartphone steht für dich immer im Vordergrund

    • Du wirst unruhig, wenn du das phone etwas länger nicht in der Hand hattest

    • Du entsperrst ständig das Display

    • Du hast Schlafstörungen und checkst dein phone mitten in der Nacht

    • Du denkst das phone vibriert, obwohl es das gar nicht tut

Jetzt gilt es, ehrlich zu sein und deine Abhängigkeit zu erkennen und anzunehmen. 

Das Bewusstsein für die „Droge“ Dopamin und wie du sie dir holst und darauf reagierst ist ein Schlüsselpunkt, um den Dopamin-Kater zu vermeiden, wobei das Handy der hauptsächliche Übeltäter ist. 

Puzzeln oder Bewegung produzieren auch Dopamin-Ausschüttungen im Körper, aber auf einem normalen Niveau: man sagt „low dopamine“. Das sind die Konzentrationen dieses Neurotransmitters, die uns gut tun. „High dopamine“ vom shoppen, scrollen, Porno, Drogen tut uns nicht gut. 

    • versuche immer eine räumliche Distanz zu deinem Handy herzustellen (so, daß du aufstehen musst, um drauf zu schauen). Schon die bloße Anwesenheit vom Handy reduziert unsere kognitive Leistung.

    • Versuche ein paar Stunden am Tag gar nicht auf dein Handy zu schauen

    • Stelle die Tonsignale für Nachrichten ab

    • Praktiziere Gewahren für deine Gefühle, bevor du aufs Handy schaust

    • Lasse den Griff zum Handy beim warten sein. Im Zug, oder in der Schlange vor der Kasse schaue dich lieber um und mache dir Gedanken.

    • Lasse dir Zeit, um auf Nachrichten zu reagieren. 

    • Kein phone im Schlafzimmer! Nutze lieber einen Wecker und unterlasse das scrollen vorm schlafen.

    • Lösche alle Apps, die du nicht unbedingt brauchst.

    • Unterscheide zwischen sinnvoller (beruflicher) Nutzung und reiner Ablenkung

Wenn du auf dem Weg bist, das Bewusstsein für Dopamin und auch für deine Handynutzung zu verbessern, wirst du feststellen, dass du wieder mehr Freude an den kleinen Dingen des Lebens hast. Es muss nicht immer laut, bunt, endlos und süß sein. 

Dankbarkeit für das was ist, ist das beste Gegenmittel bei Dopamin-Kater. Die Loslösung von der Überstimulation bringt dich in deine Mitte. Du wirst aktiver und deine Laune wird besser. Deine Motivation für Projekte, die du schon lange im Kopf hast, aber vielleicht noch nicht umsetzen konntest, wird wieder wachsen. Du wirst sensibler, nicht so abgestumpft. 

Um dir den Weg von „high dopamine“ zu „low dopamine“ leichter zu machen, denke daran, alles in kleinen Schritten zu tun. Achte auf deinen Schlaf und deine Darmgesundheit. Musik aktiviert auch die Ausschüttung von Dopamin, Meditation auch – aber eben in einem gesunden Maß. Sonnenlicht tut auch immer gut und aktiviert unser Glückshormon im Fokus. 

Das Leben abseits vom lauten und überdrehten Konsum kann so unglaublich wundervoll sein. Ein Spaziergang durch den Wald hat Millionen mal mehr Inhalt als stundenlanges scrollen. Gönne dir die Fülle der Stille und lass´ dein phone einfach mal ein paar Stunden nicht Bestandteil deines Lebens sein. 

Wie du mit dem Wissen über Neuroplastizität, deine Umprogrammierung angehen kannst, liest du hier!

Wie Google, Facebook, Instagram und Co. dich im Griff haben: schau dir die Netflix-Doku THE SOCIAL DILEMMA an.

Wenn du mehr über das Thema Dopamin in unserer Gesellschaft wissen möchtest: The Dopamin-Nation